Baal
Volker Schlöndorff holt Bertolt Brechts spätexpressionistisches Werk in die Gegenwart von 1969. Der Lyriker und Anarchist Baal haust in einer Dachkammer und liest Kutschern seine Gedichte vor. Die bürgerliche Gesellschaft reißt sich um ihn und spuckt ihn wieder aus. Baal streunt umher, durch Wälder und auf Autobahnen, gierig nach Schnaps und Zigaretten, Frauen und Männern: „Man muss das Tier herauslassen, ans Sonnenlicht mit dem Tier.“ Er schwängert eine junge Schauspielerin und empfindet sie bald als Mühlstein an seinem Hals. Er ersticht einen Freund und stirbt allein. „Unnütz bist du, räudig, toll, du Tier, kriechst in des Baumes unterstes Geäst.“ Der Film macht jugendliches Ungestüm und Hass auf erdrückende Umstände zum Thema, reflektiert Genie-Kult und Sexualmoral. Rainer Werner Fassbinder spielt Baal und zugleich sich selbst. Um ihn herum zahlreiche Akteure, die in seinen späteren Filmen immer wieder zu sehen sein werden. Brechts Witwe Helene Weigel untersagte nach der Ausstrahlung des Films im westdeutschen Fernsehen jede weitere Aufführung. Ihre Begründung: Die gesellschaftlichen Umstände, aus denen Baals Rebellentum resultiere, seien ungenügend herausgearbeitet worden.
Filmdaten
Produktionsjahr: 1970
Land: Deutschland
Sprache: Deutsch
Länge: 87 Minuten
Regie: Volker Schlöndorff
Produktion: Volker Schlöndorff
Cast: Rainer Werner Fassbinder, Sigi Graue, Margarethe von Trotta, Günther Neutze
Drehbuch: Nicht angegeben
Kamera: Dietrich Lohmann
Schnitt: Peter Ettengruber
Filmregie
Volker Schlöndorff
Volker Schlöndorff ist wohl einer der bedeutendsten und international erfolgreichsten deutschen Regisseure. Er besitzt eine ausgeprägte Vorliebe für Verfilmungen deutscher und internationaler Literaturklassiker. Mit Begeisterung widmet er sich Werken, die als unverfilmbar gelten und macht sie dem breiten Publikum zugänglich und verständlich. Doch auch gesellschaftskritische Arbeiten gehören zu seinem Repertoire. Alle seine Filme sind sehr anspruchsvoll und gleichzeitig unterhaltend.