HERRIN DER KÜNSTE
Wie sich Schauspiel, Theater, Gesang und Eleganz in einer Person vereinen. Ein Interview mit Nicole Beutler.
„Für mich ist Stille ein wesentlicher Bestandteil des Schauspielens“
„Auch Scheitern ist eine hohe Kunst, die gelernt sein will!“
Die Liaison zwischen Dir und dem Filmfestival Kitzbühel begann an einem lauen Sommertag vor drei Jahren. Angefangen als FFKB Jurorin 2016, durften wir uns im folgenden Jahr bei einem berührenden Chanson Abend von Deiner Stimme verführen lassen. Zudem hast Du unsere Gäste durch die Preisverleihungen und Festival-Abschlussabende der letzten Ausgaben geführt. Und wie man das so kennt, läuft nicht immer alles glatt und so mussten auch wir ab und an mit technischen Problemen kämpfen. Du hast der Technik zum Trotz das Programm konsequent durchgezogen und es wurde wie so oft ein toller Abend.
1) Solche “Hopplas” sind das wohl kleinere Übel. Gab es in Deinem Leben schon einmal so etwas wie “favorite failures”? Misserfolge, die Du im Nachhinein als Segen ansiehst, weil sie Dir letztendlich zum Erfolg verholfen haben? Wie gehst Du mit Misserfolgen generell um?
Auch Scheitern ist eine hohe Kunst, die gelernt sein will! Und auch in einem Misserfolg versuche ich immer, Positives zu sehen, suche den Sinn darin kann im Idealfall daraus lernen. Als Segen im Nachhinein empfinde ich meinen Sturz über eine Treppe im Alter von 13 Jahren. Damals war ich im täglichen Balletttraining, wollte klassische Balletttänzerin werden und war wohl auch sehr begabt und ehrgeizig. Ich habe hart gearbeitet und trainiert. Die Verletzung zwang mich dann, sehr lange zu pausieren. Aus der Traum von der großen Ballettkarriere als Primaballerina! Damals habe ich beschlossen, Schauspielerin zu werden, denn zur Bühne wollte ich trotzdem unbedingt. Heute bin ich froh darüber, denn als Tänzerin wäre ich längst in Rente. Trotzdem habe ich noch bis zu meinem zwanzigsten Lebensjahr getanzt.
2) Was motiviert Dich tagtäglich? Gibt es Rituale oder Routinen, ohne die Du einen Tag erst gar nicht anfängst?
Ich beginne jeden Tag mit einem Lächeln, wenn ich aufwache. Das ist so einfach und bewirkt oft doch so viel. Ich bedanke mich für jeden neuen Tag, jede neue Chance. Bei wem? Sagen wir, beim Universum! Auch meditiere ich viel. Meditation erdet und verankert mich in mir selbst. Stille und Kontemplation erhöhen die Achtsamkeit und fokussieren mich auf das Wesentliche. Für mich ist Stille ein wesentlicher Bestandteil des Schauspielens.
3) Man kennt Dich als Schauspielerin und Sängerin. Unter anderem auch als Psychologin Barbara Bragana in der Serie Vorstadtweiber. Abgesehen von den unzähligen Serien, Filmen und Theaterstücken, in denen Du mitgewirkt hast, schlägt Dein Herz für eine ganz bestimmte Leidenschaft – den Tanz. Seit Deiner frühen Kindheit warst Du unter anderem dem Ballett, Jazz, Modern Dance zugetan. Könnte Dich ein Tanz beschreiben? Welche Form oder Disziplin würde Deinem Naturell am ehesten entsprechen?
Interessante Frage. Vielleicht ein argentinischer Tango. Dieser Tanz ist Improvisation auf Basis genauester Technik, Interpretation und sehr viel Leidenschaft. Ein Geben und Nehmen. Ein Grundvertrauen in das Leben, ein Spiel, immer anders, immer intensiv, immer wach und doch nicht immer angespannt, sondern mit viel Leichtigkeit getanzt. Und vor allem: immer im Augenblick!
4) “Zeig mir was Du liest und ich sage Dir wer Du bist.” Du bist glückliche Besitzerin einer umfangreichen Literaturansammlung. Gibt es ein Buch, welches Du am meisten verschenkt hast? Und in wieweit hat es Dich nachhaltig berührt?
Ja, mein Mann und ich haben gemeinsam eine sehr umfangreiche Bibliothek. Ich schätze, es sind über 3000 Bücher und es kommen immer neue dazu, denn lesen zählt zu meinen größten Hobbys. Da ich ein sehr haptischer Mensch bin, käme mir allerdings nie ein Kindle ins Haus! Auch auf Urlaub fahre ich mit Büchern, echten Büchern! Eines meiner Lieblingsbücher, das ich immer wieder verschenke, ist Stefan Zweigs „Die Welt von gestern“. Dieses Buch ist nicht nur die Sinnsuche des Flüchtlings Stefan Zweig, dem durch die Verfolgung der Nationalsozialisten alles genommen wurde, sondern erzählt auch von der Sehnsucht nach einem geeinten Europa, wie wir es heute als selbstverständlich betrachten und das von so vielen leider wieder infrage gestellt wird. Erschreckend aktuell, obwohl es schon 1942 erschien!
5) Was hast Du in den letzten sechs Monaten geschenkt bekommen, gekauft oder gefunden, das Dein Leben positiv beeinflusst hat?
Das hier aufzuzählen würde den Rahmen sprengen! Ich bin so reich beschenkt vom Leben. Dafür bin ich dankbar und demütig.
6) Das Filmfestival Kitzbühel sieht sich primär als Unterstützer aufstrebender Filmschaffender und möchte ihnen eine Plattform bieten, ihre Werke zu zeigen. Welchen Ratschlag würdest Du, mit Deiner Erfahrung und Deinem Know-how, unseren jungen CineastInnen auf den Weg mitgeben?
Ich kann nur allen jungen Kreativen raten: DREAM BIG! Lasst Euch niemals beirren und geht konsequent den Weg, von dem ihr meint, dass er Euch zur Verwirklichung Eurer Ideen und Träume führt. Hört dabei auf Euren Bauch und gebt niemals auf. Glaubt an Euch selbst, damit es auch die anderen tun können!